Wenn die Geschichte ihr Ziel verfehlt…
Bin in Gedanken in meiner Heimat Hatzfeld
Durchblättere Jahrzehnte, dort einst gelebt
Damals blühten Brauchtum, Ehrfurcht vor Menschen, Feld
Heimat, wie schön die Zeit, die ich bei dir erlebt
Damals, damals fuhr noch der Leichenwagen
In ehrfurchtsvoller Stille, mit all seiner prunkvollen
Schönheit
Keiner fragte, ob alt, jung, reich, arm, von den Pferden
getragen
Auf dem letzten Weg, zu seiner heiligen Ewigkeit
Damals, damals weinte man noch in tiefem Schmerz
Damals, damals gab es noch gelebte Traurigkeit
Man teilte die Sorgen, tröstete das trauernde Herz
Damals, noch Augenblick gespürt, Leid, Sinn der Zeit
Damals ging noch die Prozession durch die Gassen
Von der Kirche zum Friedhof, weil ein heiliger Tag
Heute, heute so fremd geworden, diese Gassen
Weil kaum einer sie als Heimat, göttliche Gabe mag
Welt und Leute haben ein fremdes Gesicht
Damals, damals feierten wir noch Sitte und Brauch
Keiner kennt ihn mehr, diesen Reichtum. Erloschenes Licht
Aus manchem Haus steigt er nie mehr, dieser silberne Rauch
Keinem Kirchweihfest mehr in der Kirche, in den Gassen zu begegnen
Keine Trachtenpaare leuchten mehr in ihrer Regenbogenfarbentracht
Keiner freut sich mehr, weil es endlich beginnt zu regnen
Weil Reichtum die Felder füllt, Sterne sie schmücken, die
Nacht
Keiner freut sich mehr beim Garben binden
Wo du gefühlt, wie reich die Fülle der Weizenähren
Keiner freut sich mehr, ein vierblättriges Kleeblatt zu
finden
Keiner schaut mehr, ob Hamster, Tauben, Ratten sich
vermehren
Keiner ist mehr stolz, weil seine Gassenwege sauber, rein
Keiner freut sich, dass eine Jahreszeit wieder erblüht
Kaum einer schaut noch beim Nachbarn rein
Wie es ihm geht. Keiner merkt, wenn Abendrot verglüht
Keiner sitzt mehr auf der Bank vor dem Haus
Stolz, dass seine Enkelkinder die schönsten Schleifen im
Haar
Hatzfeld, eine Ära voller Reichtum, Unwiederbringlichem ist aus
Leute löschen langsam deine Geschichte – Tag für Tag, Jahr um
Jahr
Heimat, ich habe Heimweh nach unserer Zeit
Ich sehne mich danach, deine Erde zu berühren
Wohin nur alles verschwunden? Welch armselige Menschheit
Nicht fähig, nicht willig, Reichtum deiner Geschichte zu
spüren
Alles beugt sich der steten, ewigen Vergänglichkeit
Heimat, deine Geschichte lebt nur noch im Buche der
Erinnerung
Hatzfeld, sie war so wunderschön mit dir, unserer Jahre Zeit
Ich behalte dich tief im Herzen. Bete um Erhalt und Hoffnung
Geschichte, was tut er nur, dein Wanderstab, mit Hatzfeld
Warum löschst du diese reiche Schönheit einfach aus
Warum sehen Menschen nicht die Einzigartigkeit von Gassen, Feld
Egal was geschieht, Hatzfeld, du bleibst meine Heimat, mein Zuhaus´
Ich blättere noch einmal im Buche meiner Erinnerung
Gehe noch einmal durch die Gassen, Kirche, Friedhof, Brauch
Ich blättere weiter. Sie stirbt langsam, die letzte Hoffnung
Bald wird man ihn sehen, Hatzfelds allerletzten Silberrauch
Auch der letzte Schornstein steht irgendwann allein
Wenn man den letzten Hatzfelder zu Grabe trägt
Geschichte, wie kannst du nur so grausam, so herzlos sein
Meine Heimat - vom Fleiß der Ahnen, der Liebe seiner Hatzfelder
geprägt
©Elisabeth Anton, Speyer
/ Hatzfeld
24.02.2009
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen