Foto:©Elisabeth Anton
Ehrfurcht lebte noch
In der rechten Schublade, das Sonntagsbesteck
Im Schrank, im „Paradizemmer“, die Teller und Schüssel
Gäste sind da. Der Tisch trägt ein Festgedeck
Alles noch mehr sauber, es glänzt sogar der „Podeschlissel“
Der alte Asparagus hängt stolz im „Gang“, an der „gemolti“ Mauer
Bilder aus Kalender ausgeschnitten, reihen sich ein
Der Hund liegt, wie damals, stets auf der Lauer
Um gleich, bellend zu melden, da muss einer am „Gassetierche“ sein
Die alten Kuchenrezepte werden ausgegraben
Um zu backen, was wir einst als Sonntagskuchen gekannt
Der Tisch so reichlich gedeckt, mit Gottes- und Herzensgaben
Man freut sich, sie zu berühren, die altbekannte Hand
Man versuchte, seinen Gästen, das Beste zu geben
Auch wenn man Wochen, Monate davor und danach, dafür gespart
Heimat, so einzigartig ist deiner Stunden Leben
Sehr weit, nicht leicht, doch so glücklich zu dir, unsere Heimfahrt
Am Brunnen, ganz verlassen, das alte Eisen
Gras hat es schon fast ganz zugedeckt
Da, einst den Dreck von den Schuhen gestreift, das Schuhputzeisen
Neben der Veranda der alte Blechteller, von Hund und Katze sauber geleckt
Am Sommerküchenfenster hängen die Gardinen, die übriggeblieben
Das war auch so ein Lebenswerk, musste man seine Vorhänge kaufen
Da hat man über Jahre gespart, vor Freude, die Hände gerieben
Neue Vorhänge da! Tausende Male, um sie zu bewundern, ins Zimmer laufen
Auf dem Tisch, ein neues „Wicksleinwandtischtuch“
Im Schrank noch die alten Tischdecken, gestrickt mit eigener Hand
Der uralte Kalender diente oft als Buch
Um mal daraus zu lesen, spielten Kinder im Sand
Neben der Tür, die Blumentöpfe nebeneinander, ganz stolz
Für nächstes Jahr schon die „Muschkattel – Schtupperte“ gemacht
Die Wolle für den Winter gerichtet, im Schuppen heizbereit das Holz
Was hat man nicht alles erlebt. Aus „Nichts“ hat man „Wunder“ vollbracht
Mit der Natur gelebt, ihren Reichtum verwendet
Was waren das nicht schöne Eierkörbe, „die Korwell“ aus Lieschen
Gehäkelte „Patsche“ für Winterabende, von Omas Hand gehäkelt, gespendet
Der alte Strohsack so wohlig warum, gefüllt mit neuer Ernte von Lieschen
Im Winter, auch mal „die Pindle“ an Wäsche und Leine gefroren
Seltener als im Sommer lag ein Ei im Nest
Was hat man da nicht an Ideen auserkoren
So viele Möglichkeiten lebte man als kleines Fest
Man war dankbar für alles, was der Himmel kostenlos geschickt, geschenkt
Man wollte Achtung vor der Natur leben, sie berühren
Ehrfurcht vor dem Alter hat den Weg der Kinder noch gelenkt
Damit auch sie, wenn sie mal alt, diese Ehrfurcht auch selbst spüren
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
21.08.2005
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