Mittwoch, 24. April 2024

Ehrfurcht lebte noch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Foto:©Elisabeth Anton

 

Ehrfurcht lebte noch                                   

 

In der rechten Schublade, das Sonntagsbesteck

Im Schrank, im „Paradizemmer“, die Teller und Schüssel

Gäste sind da. Der Tisch trägt ein Festgedeck

Alles noch mehr sauber, es glänzt sogar der „Podeschlissel“

 

Der alte Asparagus hängt stolz im „Gang“, an der „gemolti“ Mauer

Bilder aus Kalender ausgeschnitten, reihen sich ein

Der Hund liegt, wie damals, stets auf der Lauer

Um gleich, bellend zu melden, da muss einer am „Gassetierche“ sein

 

Die alten Kuchenrezepte werden ausgegraben

Um zu backen, was wir einst als Sonntagskuchen gekannt

Der Tisch so reichlich gedeckt, mit Gottes- und Herzensgaben

Man freut sich, sie zu berühren, die altbekannte Hand

 

Man versuchte, seinen Gästen, das Beste zu geben

Auch wenn man Wochen, Monate davor und danach, dafür gespart

Heimat, so einzigartig ist deiner Stunden Leben

Sehr weit, nicht leicht, doch so glücklich zu dir, unsere Heimfahrt

 

Am Brunnen, ganz verlassen, das alte Eisen

Gras hat es schon fast ganz zugedeckt

Da, einst den Dreck von den Schuhen gestreift, das Schuhputzeisen

Neben der Veranda der alte Blechteller, von Hund und Katze sauber geleckt

 

Am Sommerküchenfenster hängen die Gardinen, die übriggeblieben

Das war auch so ein Lebenswerk, musste man seine Vorhänge kaufen

Da hat man über Jahre gespart, vor Freude, die Hände gerieben

Neue Vorhänge da! Tausende Male, um sie zu bewundern, ins Zimmer laufen

 

Auf dem Tisch, ein neues „Wicksleinwandtischtuch“

Im Schrank noch die alten Tischdecken, gestrickt mit eigener Hand

Der uralte Kalender diente oft als Buch

Um mal daraus zu lesen, spielten Kinder im Sand

 

Neben der Tür, die Blumentöpfe nebeneinander, ganz stolz

Für nächstes Jahr schon die „Muschkattel – Schtupperte“ gemacht

Die Wolle für den Winter gerichtet, im Schuppen heizbereit das Holz

Was hat man nicht alles erlebt. Aus „Nichts“ hat man „Wunder“ vollbracht

 

Mit der Natur gelebt, ihren Reichtum verwendet

Was waren das nicht schöne Eierkörbe, „die Korwell“ aus Lieschen

Gehäkelte „Patsche“ für Winterabende, von Omas Hand gehäkelt, gespendet

Der alte Strohsack so wohlig warum, gefüllt mit neuer Ernte von Lieschen

 

Im Winter, auch mal „die Pindle“ an Wäsche und Leine gefroren

Seltener als im Sommer lag ein Ei im Nest

Was hat man da nicht an Ideen auserkoren

So viele Möglichkeiten lebte man als kleines Fest

 

Man war dankbar für alles, was der Himmel kostenlos geschickt, geschenkt

Man wollte Achtung vor der Natur leben, sie berühren

Ehrfurcht vor dem Alter hat den Weg der Kinder noch gelenkt

Damit auch sie, wenn sie mal alt, diese Ehrfurcht auch selbst spüren

 

©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld

                  21.08.2005

 

 

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