Foto:©Elisabeth Anton
Der Weg meiner Ausreise
Was standen wir die halbe Nacht
Für diese „Großen Formulare“
Was haben „DIE“ sich über uns lustig gemacht
Welch ein Kampf, für diese Ausreiseantragsformulare
Das, das war ein ganz normales Blatt Papier
Der Vorbote für die Ausreisegenehmigung
Begehrt von allen, dir und mir
Und alle Ausreisewilligen lebten diese Hoffnung
Was hat man uns verspottet, ausgelacht
Richtig angepöbelt, aus oft noch ungepflegtem Mund
Und wir standen wartend da, oft die ganze Nacht
Im Winter so eisig kalt, immer unerträglicher, mit jeder Stund´
Über Jahrzehnte diese Prozedur
Uns, so oft, von einer zur anderen Tür getrieben
Dieser Kampf um meine Ausreise ritzte eine tiefe Spur
Bis heute, Grauen, Ekel und Abscheu mir geblieben
Die „Kleinen Formulare“ öfters, einfach so ausgeteilt
Um es zu verbessern, „IHR“ Taschengeld
25 Lei nahmen SIE jedes Mal. Wir, als ob „geheilt“
Dankbar, nicht vergebens zu warten, unter funkelndem Sternenzelt
Was haben DIE ihre Komödie gespielt
Wo WIR die Lachfiguren, SIE die Rollenverteiler
Was haben DIE so unmenschlich auf uns gezielt
Dass ich oft unsicher, ist der Zähler oder der Nenner der Teiler
DIE, DIE haben mich oft dem Wahnsinn nahegebracht
Eine so unausgesprochene Angst, irgendwie immer da
Ekel und „Mitleid“ dazu, als DIE so spöttisch, „von oben“ gelacht
Über „mein Betteln“. So oft dies Prozedere geschah
Und immer wieder der Securitate Demütigung
Immer und immer wieder uns zum Narren gehalten
Doch ich, ich gab sie nie auf, die Hoffnung
Mein Nervenkostüm, mit enormem Durchhalten
Ich hörte sie noch so oft, bis heute, DEREN Drohung
„Egal wo du dich beschwerst, man wird keine Beweise finden.“
Diese Worte verunsicherten selbst meine Erinnerung
Ich wusste nur, mit DENEN werde ich mich nie „verbinden“
Und als dann, endlich, nach vielen Jahren
Fast zwei Jahrzehnte schon übers Land gefegt
Wurden wir 27.4.80 gerufen, für den Pass, in lauernden Gefahren
Stand ich sprachlos da. Die „Großen Formulare“ von 1964 uns vorgelegt
„Habt IHR all die anderen „fünf Großen Formulare“ entsorgt?“
Meine Gedanken, nur fragen traute ich mich nicht
Dann hätte man mir den Pass nicht mal geborgt
Mich aus dem Gebäude hinausgetrieben, mit Kurz- und Weitsicht
Wie eine Gefangene, gemeißelt in Stein
Fühlte ich mich, als ich vor diesen Fotos stand
Mein Haar noch in Zöpfen geflochten, von mir allein
Großvater drückte fest meine Hand
Wir standen also vor unseren Anträgen
Die wir 1964 schon ausgefüllt, gestellt
Draußen die Straßenkehrer den Gehweg fegen
Ein streunender Hund nur noch leise bellt
Das waren meine Gedanken, in diesem erstickenden Raum
In der anderen Herzhälfte, meine Freude in tiefster Stille
Freude, nein, Triumpf konzertierte in mir. Ziel und Traum
Erreicht. Am Ende siegte des Himmels Wille
All die Demütigungen zur Seite geschoben
Von diesem allmächtigen Triumpf, tief in mir
Dann sagte DER noch: „Euch muss man loben
Für so viele Jahre Geduld. Aber heute, heute seid ihr ja hier.“
In Gedanken ballten sich meine Fäuste zum Würgegriff
Was brauchte ich Kraft und beherrschende Zurückhaltung
Dann, endlich durch die Tür, von außen den Türgriff
Zugemacht. Es atmete, tief in mir, die wortlose Hoffnung
Keiner sprach auch nur ein Wort
Das war schon zuhause so, ganz klar, abgemacht
Kein Nervenverlieren, keine Aufregung, egal was geschieht, dort vor Ort
Daran hat jetzt, jeder von uns, nochmals gedacht
Wortlos gingen wir die Straße entlang
Weit weg von „diesem Gebäude“ sagte ich
„Vielleicht haben wir´s bald geschafft, mit oder ohne Sang und Klang.“
Keine Antwort. Stillschweigen rund um mich
Endlich an der Oper angekommen
„Jetzt gehen wir was trinken, was essen, es fährt noch ein Zug.“
Stumm haben alle meinen Vorschlag angenommen
In Gedanken meine Frage: „Wahrheit oder Betrug?“
Doch meine Hoffnung, sie zeigte sich
Stark und tief dieser Triumpf über die Schikanen der Diktatur
Ich traute DENEN nicht, dennoch war ich zuversichtlich
Mich trug der Himmel, die göttliche Schönheit, die Macht der Natur
Endlich am Bahnhof von Hatzfeld
Ohne Worte, aber beneidet von allen, die mit gleichem Ziel
Bald, bald endete sie, „diese Diktatur-Welt“
Am 13. Juli 1980, großer Schachzug, zu Ende das Spiel
Die letzten Schikanen noch beim letzten Zoll
Dann rollte der „Orient-Express“ Richtung ersehntes Land
Es fiel mir auf, die Abteile der Waggons nicht mal voll
Genügend Sitzplatz. Ich triumphierte tief in mir, küsste meines Kindes Hand
Das, das ist ein Teil der Geschichte unserer Ausreise
Jahre voller Zwang, keinerlei Ausreisevisum, pure Diktatur
Ich teilte meine Welten, auf meine Art und Weise
Lebte ehrlich, mitten in meiner Heimat, Elternhaus, Heimatnatur
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
28.09.2012
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