Foto:©Elisabeth Anton
Auf der Flucht erschossen, weil sie Deutsche waren
Traurige Erinnerungen
Im großen Schuppen
Atmen die Erinnerungen
Der alte Pferdewagen
Steht stumm, verlassen da
Was hat er einst Freude erlebt
Glückliche Kinder
Auf der Fahrt in die Weinberge
Das Haus schon lange leer
Die Bewohner geflüchtet
Nachdem sie den Krieg fast überlebt
Alles, alles ließen sie stehen
Nicht mal den Schlüssel im Schloss umgedreht
Einfach nur gegangen, fort
Immer weiter, Tag um Tag
Auf der Flucht, mit ihrem Hab und Gut
Eine Stofftasche mit Brot und Wasser
Immer in der Hoffnung
Sie erreichen ihrer Flucht vorgegebenes Ziel
Kaum über der Grenze, im fremden Land
Westlich meiner Heimat, Richtung Sonnenuntergang
Wurden sie erschossen, weil sie Deutsche waren
Mutter, Vater, ihre drei Söhne
Am nächsten Tag flüchtete auch der Bruder des
Mannes
Mit Familie, mit Hund und altem Fahrrad
Ohne zu wissen, dass sein Bruder und Familie
erschossen
Auch sie zu Fuß, auf der Flucht Richtung
Deutschland
Auch sie erschossen, alle, weil sie Deutsche
waren
Der Himmel hat es gesehen
Auch ihre Leichen blieben auf fremder Erde liegen
Ob man ihnen ein Grab geschaufelt
Ob man sie in ein Massengrab gelegt
Wer weiß es schon
Ausgelöschte Familien, ausgelöschte Hoffnung
Kriegszeiten, auf dem Weg nach Deutschland
In der Hoffnung, Freiheit zu leben, irgendwo,
irgendwann, irgendwie
Und niemand erwähnt sie mehr, diese Schicksale…
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
25.08.2021