Foto:©Elisabeth Anton
Zu viele Menschen, die edlen Werte längst vergessen
Eine Bettlerin sitzt vor einer Hauswand
Dürftig gekleidet, mitten in der belebten Stadt
Zitternd streckt sie ihre frierende Hand
Kaum einer noch einen Blick für sie hat
Sie kniet auf einem Stück Karton
Handschuhe hat sie nicht
Wie grau er geworden, der sinkende „Herzensgüte-Ton“
Man eilt vorbei, man sieht die Frau nicht
Ich stelle mich an die Ecke, unweit
Von dieser frierenden Bettlerin
Was ist nur aus der Menschheit geworden, in jetziger Zeit
Kaum einer noch ein Herz für die Not, weder Auge noch Sinn
Ich harre aus, bleibe stehen
Zähle die Menschen, 120 an der Zahl
Die in wenigen Minuten an dieser Bettlerin vorbeigehen
Blind vor ihrer Not, ihrem Leid, ihrer Qual
Ich schlucke, atme, Tränen fallen
Ich verstehe unsere heutige Welt nicht mehr
Für jeden Hilfesuchenden der Welt, unsere Taler hallen
Nur unsere Kinder in Armut, unsere Bettler, die sieht keiner mehr
Ich habe nicht viel, aber genug zum Teilen
Ich suche im Geldbeutel, kein Kleingeld, mein letzter Schein
Ich geh zu ihr, will kurz verweilen
Schenke ihr das Geld. Was kann sie sprachlos glücklich sein
Sie nimmt, so zaghaft, meine Hand
Küsst sie, hält sie fest in ihren frierenden Händen
Ihre Tränen fallen wie im Orkan der Sand
Es schweigt die Welt, an allen Enden
„Ich werde für dich beten, jeden Tag“, sagte sie zu mir
„So viel hat mir noch nie jemand gegeben
Gott möge dich begleiten, ob dort, ob hier
Möge es schön sein, dein Leben.“
Sie schüttelte ihr Haupt, ich sah ihre Tränen
Aus meiner Tasche nahm ich noch ein eben gekauftes Brot
Sie umarmte den Laib, benetzt von ihren Tränen
Wie arm unsere Welt, wie groß mancher Menschen Not
Ich winke ihr noch einmal zu, muss weitergehen
Tränen versperren mir den Blick
„Wenn die Menschheit nicht aufwacht, wird sie untergehen.“
Denke ich im wortlosen Schweigen, schau ein letztes Mal zu dieser Frau zurück
Sie umarmte den Brotlaib, küsste den Geldschein
Das Glitzern ihrer Tränen, wie Sternenschein
Wir sind doch so sterblich, so winzig klein
Und dennoch, kaum einer will noch gütig sein…
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
05.02.2018
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