Foto:©Elisabeth Anton
Ohne Herbstglück
Wenn Alzheimer dein Schicksal
Er nimmt vieles nicht mehr wahr
Seinen so geliebten Garten, seine Rebenspalier
Ab und zu seine Gedanken noch klar
Und dennoch ein anderes, ein fremdes Revier
Er hat kaum noch Bezug zur Wirklichkeit
Sein geniales Wissen, seine Logik, längst ihre Größe verloren
Er liebt und genießt sie, mit mir die Zeit
Was er doch alles gespürt, gefühlt, erlebt, seit er geboren
Er kannte des Krieges bittersten Folgen
Er kannte die Einsamkeit im Straßengraben, als Kind
Er lebte der Nachkriegszeit alltäglichen Sorgen
Er wurde nicht verschont, von keinem Sturm, keinem Wind
Sein Vater im Krieg „gefallen“, kam nicht mehr
Die Armut erstickte all seine Lebensträume
Heute, heute ist seine Gedankenwelt zu oft schon leer
Er genießt jeden Augenblick, den ich nur für uns einräume
Er hat geschuftet, gerackert, gespart, verzichtet
Nur, nur um in der Fremde wieder ein Zuhause zu haben
Dieses teuflische Vergessen hat ihm, uns, alles vernichtet
Was freuten wir uns, im Herbst unseres Lebens an Zeit zu laben
Und nun? Nun schaut er, wie nachdenkend vor sich hin
Und erkennt sie nicht, sein Kind, unsere Wirklichkeit
Er hat ihn verloren, unseren Lebenssinn
Diese Alzheimer hat uns alles genommen, die Gegenwart, die Herbstzeit
Manchmal, ganz selten, plötzlich, er Gedanken, Gefühle beschreibt
Dass ich zweifeln muss, ist er krank oder ist er gesund
Wenn dann, wenn am Ende, nicht mal mehr die Erinnerung bleibt
Weine ich heimlich, weil ohne Worte geblieben sein schweigender Mund
Alles, alles hat sie uns genommen
Diese Krankheit, diese Alzheimer, dieses teuflische Vergessen
Und dennoch, dennoch haben wir im tiefsten Leid auch Glück, Freude bekommen
Wenn unsere Herzen noch fähig, im Leid, die Liebe nicht zu vergessen
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
11.07.2009
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