Samstag, 24. Oktober 2020

Wenn Heimat ausgelöscht

 

 

Foto:©Elisabeth Anton

 

 

Wenn Heimat ausgelöscht                                

 

Zeit, du bist so schnell, dein Tempo verheerend

Nur drei Jahrehnte vergangen, eine andere Welt

Völkerwanderungen prägen dich, so verheerend

Was Menschen alles unserem Erdball bestellt

 

Nur drei Jahrzehnte dahin, schon eine neue, fremde Welt

Was hat „diese Politik“ sich dabei nur gedacht

So fremd geworden, meine Heimat Hatzfeld

Kein Nachbar mehr, im Fenster liegend, dir entgegenlacht

 

Menschen wurden ausgesiedelt, sie mussten gehen

Weil sie erstickt, in den Krallen dieser Diktatur

Ich versuchte oft, durch meine alten Gassen zu gehen

Von meiner Heimat, kaum eine Spur

 

Kaum noch ein bekanntes Gesicht

Die Fassaden tragen fremde Farben

Bei der alten Nachbarin brennt kein Petroleumlicht

Tief in mir tun sie weh, der Geschichte sichtbaren Narben

 

An den Gassenecken, keine artesischen Brunnen mehr

In den Höfen, keine Strohschober, keine Tauben

Die breiten Gassen, als ob menschenleer

Wozu drei Jahrzehnte fähig, ich kann´s nicht glauben

 

Die Alten sitzen nicht mehr vor dem Haus auf ihrer Bank

Wartend auf ihre Enkel, sich freuten, weil Hatzfeld so schön

Heute, keine Ehrfurcht vor Heimat, kein Gruß, kein Dank

Alle, irgendwie, gezielt und stumm aneinander vorbeigehen

 

Sie stehen noch stolz, einige Wahrzeichen

Meiner Heimat, edel, stark und mittendrin

Die Kirchen, der Hl. Florian, der Friedhof, sie mussten nicht weichen

Wie die Ziegel- und Hanffabrik. Welch Vernichtung ohne Ziel, ohne Sinn

 

Und dabei, alle, alle haben sie zugeschaut

Wie man sie langsam aber sicher entthront

Die guten Fabriken, einst so vertraut

Die Menschen mit Arbeit und Brot belohnt

 

Die Pferde längst eine Seltenheit

Kein Fiaker fährt mehr das Brautpaar zum Altar

Pferdeschlitten im Winter, längst Vergangenheit

Schmuckstücke meiner Heimat dahin, Jahr um Jahr

 

Keiner feiert mehr die Namenstage

Keine Hochzeiten beim „Rauwinger“, mit edler Köchin

Hatzfeld, du bist bald nur noch Märchen und Sage

Keiner schaut mehr zu den Wunderwerken unserer Ahnen hin

 

Gekommen, mal wieder „Umsiedlung“

Geschuftet, gelitten, viel Hunger und Not

Heute, wieder mal „Aussiedlung“

Heute, Wohlstand in Freiheit, dahinter Seelentod

 

Wacht die Menschheit nicht mehr auf

Will keiner mehr die Wunder unserer Erde sehen

Heimatsterne, ich schau zu euch hinauf

Und frage: „Will keiner mehr Heimat verstehen?“

 

Mich erschüttert das Bild von Hatzfeld

Obwohl die Moderne eingezogen

Heimat längst dahin, dahin mein Hatzfeld

Bilder von daheim, nur noch Erinnerungswogen

 

Ich stehe vor dem alten Gassentor

Keine Gänseschar kommt mir entgegen

Ich weine. Ich streiche sanft das alte Tor

Erinnerungen, ihr seid zutiefst in meiner Seele, immer, zugegen

 

©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld

                 18.09.2012

 

 

 

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