Foto:©Elisabeth Anton
Wenn Heimat ausgelöscht
Zeit, du bist so schnell, dein Tempo verheerend
Nur drei Jahrehnte vergangen, eine andere Welt
Völkerwanderungen prägen dich, so verheerend
Was Menschen alles unserem Erdball bestellt
Nur drei Jahrzehnte dahin, schon eine neue, fremde Welt
Was hat „diese Politik“ sich dabei nur gedacht
So fremd geworden, meine Heimat Hatzfeld
Kein Nachbar mehr, im Fenster liegend, dir entgegenlacht
Menschen wurden ausgesiedelt, sie mussten gehen
Weil sie erstickt, in den Krallen dieser Diktatur
Ich versuchte oft, durch meine alten Gassen zu gehen
Von meiner Heimat, kaum eine Spur
Kaum noch ein bekanntes Gesicht
Die Fassaden tragen fremde Farben
Bei der alten Nachbarin brennt kein Petroleumlicht
Tief in mir tun sie weh, der Geschichte sichtbaren Narben
An den Gassenecken, keine artesischen Brunnen mehr
In den Höfen, keine Strohschober, keine Tauben
Die breiten Gassen, als ob menschenleer
Wozu drei Jahrzehnte fähig, ich kann´s nicht glauben
Die Alten sitzen nicht mehr vor dem Haus auf ihrer Bank
Wartend auf ihre Enkel, sich freuten, weil Hatzfeld so schön
Heute, keine Ehrfurcht vor Heimat, kein Gruß, kein Dank
Alle, irgendwie, gezielt und stumm aneinander vorbeigehen
Sie stehen noch stolz, einige Wahrzeichen
Meiner Heimat, edel, stark und mittendrin
Die Kirchen, der Hl. Florian, der Friedhof, sie mussten nicht weichen
Wie die Ziegel- und Hanffabrik. Welch Vernichtung ohne Ziel, ohne Sinn
Und dabei, alle, alle haben sie zugeschaut
Wie man sie langsam aber sicher entthront
Die guten Fabriken, einst so vertraut
Die Menschen mit Arbeit und Brot belohnt
Die Pferde längst eine Seltenheit
Kein Fiaker fährt mehr das Brautpaar zum Altar
Pferdeschlitten im Winter, längst Vergangenheit
Schmuckstücke meiner Heimat dahin, Jahr um Jahr
Keiner feiert mehr die Namenstage
Keine Hochzeiten beim „Rauwinger“, mit edler Köchin
Hatzfeld, du bist bald nur noch Märchen und Sage
Keiner schaut mehr zu den Wunderwerken unserer Ahnen hin
Gekommen, mal wieder „Umsiedlung“
Geschuftet, gelitten, viel Hunger und Not
Heute, wieder mal „Aussiedlung“
Heute, Wohlstand in Freiheit, dahinter Seelentod
Wacht die Menschheit nicht mehr auf
Will keiner mehr die Wunder unserer Erde sehen
Heimatsterne, ich schau zu euch hinauf
Und frage: „Will keiner mehr Heimat verstehen?“
Mich erschüttert das Bild von Hatzfeld
Obwohl die Moderne eingezogen
Heimat längst dahin, dahin mein Hatzfeld
Bilder von daheim, nur noch Erinnerungswogen
Ich stehe vor dem alten Gassentor
Keine Gänseschar kommt mir entgegen
Ich weine. Ich streiche sanft das alte Tor
Erinnerungen, ihr seid zutiefst in meiner Seele, immer, zugegen
©Elisabeth Anton, Speyer / Hatzfeld
18.09.2012
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